#06 Geldwäsche, Korruption und der Garten der Integrität | WHEN IT REALLY MATTERS

Shownotes

Drogen, Menschenhandel, illegale Waffengeschäfte, Terrorfinanzierung und Kartellabsprachen – Themen, die die meisten nur aus Krimis und den Medien kennen.

Wie sich ein Unternehmen, das in Konflikt mit dem Gesetz kam, neu aufstellte und was grundsätzlich jede Organisation tun kann, um gar nicht erst in diese Situation zu kommen, berichtet Dr. Veit Bütterlin, Experte für Compliance und Risikomanagement, im Gespräch mit Paul Johannes Baumgartner.

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00: 00:00Paul Johannes Baumgartner: Drogen und Menschenhandel, illegale Waffengeschäfte, Terrorfinanzierung, Kartellabsprachen – das sind Themen, die ich und vermutlich auch die meisten von Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer unseres Podcasts, nur aus Krimis und den Medien kennen. In unserem heutigen „When It Really Matters“-Fall sprechen wir über ein Unternehmen, das sehr wohl wusste, wie Geldwäsche funktioniert. Das Unternehmen wusste auch, welche Sanktionen und Embargos es einhalten muss, kam aber trotzdem in Konflikt mit dem Gesetz und brauchte Unterstützung. Ich bin Paul Johannes Baumgartner und wie sich das Unternehmen in dieser Situation neu aufstellte und was grundsätzlich jedes Unternehmen tun kann, um unwissentlich und manchmal auch wegen Naivität gar nicht erst in diese Situation zu kommen, das weiß unser heutiger Gast, Managing Director bei AlixPartners. Herzlich willkommen, Veit Bütterlin!

00: 00:51Veit Bütterlin: Schönen guten Tag, Herr Baumgärtner, vielen Dank für diese kriminell liebenswürdige Einführung. Ich freue mich, hier zu sein.

00: 00:59Paul Johannes Baumgartner: Sie unterstützen Ihre Mandanten weltweit, auch in Afrika, Asien, Südamerika, und in unserem heutigen Fall geht es um eine Bank irgendwo auf der Welt, die dem Gesetzgeber wegen Geldwäscheverstößen auffällt, diese dank Ihrer Unterstützung in den Griff bekommt und damit für neues Wachstum bereit ist. Geldwäsche in ein paar Worten erklärt?

00: 01:23Veit Bütterlin: Vereinfacht gesprochen ist Geldwäsche die Einschleusung illegaler Mittel in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf. Und da die Mittel aus illegalen Quellen wie Betrug, Korruption oder Steuerhinterziehung stammen, soll deren Herkunft verschleiert werden. Vom Grunde her ist dieses Verfahren auch recht alt. Sie können dazu zurückgehen bis in die Antike und werden fündig in 2000 Jahre alten Quellen, die beispielsweise darüber Auskunft geben, dass Händler im chinesischen Kaiserreich Geldwäsche in Verbindung mit Steuerhinterziehung oder Kapitalflucht betrieben haben. Und heutzutage sind die Methoden der Geldwäsche andere. Aber die unterliegenden Zwecke, die Absichten und auch die Prinzipien sind im Grunde dieselben.

00: 02:14Paul Johannes Baumgartner: Es geht also insbesondere darum, kriminelle Machenschaften aufzuspüren und die zu unterbinden. Warum ist das Thema Geldwäsche gerade für Finanzinstitute so wichtig?

00: 02:25Veit Bütterlin: Dies liegt daran, dass Finanzinstitute, insbesondere Banken, an den sensibelsten Stellen ansetzen, die Kriminelle für Geldwäsche missbrauchen. Geldwäsche beinhaltet typischerweise drei Phasen: die Einspeisung, die Verschleierung und die Integration. In der ersten Phase werden Mittel aus illegalen Quellen eingespeist, typischerweise über kleine Tranchen. Dazu werden Pferderennen oder Spielcasinos genutzt oder eben auch direkte Einzahlungen auf Bankkonten. In der zweiten Phase geht es dann um eine Vielzahl von Transaktionen, oft komplexe Transaktionen in Verbindung mit Briefkastengesellschaften oder zum Beispiel auch Tarnfirmen. Und so soll dann die Herkunft der Mittel unkenntlich gemacht werden. Und auch hier, weil das größtenteils elektronisch passiert, laufen natürlich die Banken in die Gefahr, hier missbraucht zu werden. Und in der dritten Phase, der Integration, geht es dann darum, die so verschleierten Mittel wieder in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren, indem man zum Beispiel Unternehmensanteile oder auch Immobilien kauft. Und diese Transaktionen laufen natürlich typischerweise wieder in Verbindung mit Banken ab. Also sind sie auch hier dem Risiko ausgesetzt, missbraucht zu werden. Und weil das so ist, haben Gesetzgeber ab den 1980er-Jahren sehr, sehr umfassend für sich erkannt, dass hier die Banken speziell an sensiblen Stellen sitzen und sie so in dezidierte Pflichten genommen. Und diese Pflichten sind umfassender geworden, komplexer geworden, und es ist eine Herausforderung für Bankinstitute, diese einzuhalten.

00: 04:14Paul Johannes Baumgartner: In unserem heutigen Fall, über den wir sprechen, ist Ihr Klient, also das Finanzinstitut, die Bank, den Regulatoren wiederholt aufgefallen, weil sie eben diese Gesetze und Regeln nicht ordnungsgemäß eingehalten haben? Was ist denn genau passiert?

00: 04:28Veit Bütterlin: In diesem Fall, der ja schon etliche Jahre zurückliegt, ist ein Institut über mehrere Jahre hinweg immer wieder auffällig geworden im Zuge von Prüfungen, die Bankregulatoren durchgeführt haben. Beanstandet wurden unter anderem Verstöße gegen Sanktionsregularien, aber auch insbesondere Pflichtverletzungen in Bezug auf die Geldwäschebekämpfung. Und dabei gab es unterschiedliche Beanstandungen. Das betraf zum Beispiel die automatische Überwachung des Zahlungsverkehrs. Banken haben nämlich die Verpflichtung, den Zahlungsverkehr risikoorientiert zu überwachen, sodass Auffälligkeiten, Hinweise auf Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder sonstige strafbare Handlungen erkannt und den zuständigen Behörden zur Meldung gebracht werden. Anderes betraf die Aufbauorganisation, die Prozesse und die Kontrollen und teils gab es auch Wiederholungsbefunde. Das heißt, der Bank wurde vorgeworfen, dass Beanstandungen aus früheren Prüfungen nicht bearbeitet und gelöst worden sind. Das alles mündete in ein größeres Verfahren, und es standen nicht nur hohe Strafzahlungen im Raum, sondern sogar der Entzug oder eine Einschränkung der Banklizenz. Und das ist dann eine Situation, wo Sie wissen, es ist existenzbedrohend.

00: 05:54Paul Johannes Baumgartner: Wer sind in so einem Compliance-Fall Ihre Kernansprechpartner eigentlich?

00: 06:00Veit Bütterlin: In Situationen von solcher Tragweite müssen Sie sehr, sehr eng zusammenarbeiten mit verschiedenen Ebenen der Bank. Sicherlich brauchen Sie einen sehr, sehr intensiven Austausch mit der Geschäftsführung, denn das alles, was passieren muss, betrifft die Strategie des Unternehmens. Sie brauchen die Einbindung der Aufsichtsgremien. Und natürlich brauchen Sie die enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Compliance-Funktion, der Rechtsfunktion, aber auch mit den Geschäftsbereichen oder der IT-Funktion.

00: 06:35Paul Johannes Baumgartner: Also in unserem Fall die Situation für das Unternehmen war durchaus existenzbedrohend. Jetzt sind Sie zur Unterstützung angefordert worden. Nehmen Sie uns mal bitte kurz an der Hand: Wie sieht das Schritt für Schritt aus? Welche Herausforderungen gehen Sie als erstes an? Was sind in so einem Fall Ihre wichtigsten Hebel?

00: 06:52Veit Bütterlin: Ganz am Anfang ist das erst mal wichtig, die Kritik, die Probleme, ja die Befunde der Bank zu verstehen. Sie müssen also verstehen: Was funktioniert nicht? Und Sie müssen auch verstehen, warum funktioniert es nicht. Sie dürfen also auch nicht bei den Symptomen stehenbleiben, sondern Sie müssen übergehen auf die Ursachen. Wenn nun ein Bankinstitut Schwierigkeiten hat mit der automatischen Überwachung des Zahlungsverkehrs – wir reden hier auch oft über Transaktions-Monitoring –, dann kann das unterschiedliche Ursachen haben. Dies kann darin begründet sein, dass das IT-System, das zur Überwachung des Zahlungsverkehrs genutzt wird, nicht geeignet ist für die Art des Geschäfts, die die Bank betreibt. Es kann aber auch in der Datenstruktur begründet sein, dass die Daten, die verwendet werden für das Monitoring, nicht die richtigen oder nicht ausreichend sind oder fehlerhaft sind. Oder es kann natürlich auch in der Handhabung des Systems durch das Personal bestehen oder natürlich dann auch an prozessualen Schwächen, sodass es nicht zu einer fristgerechten Meldung erkannter Auffälligkeiten kommt. Sie müssen das also in Ihrer ganzen Tragweite verstehen und die richtigen Maßnahmen ableiten und typischerweise müssen Sie auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Das betrifft dann die Governance, die Organisation im Weiteren, interne Kontrollen, Prozesse, IT-Systeme, Daten und natürlich auch Kultur.

00: 08:28Paul Johannes Baumgartner: Klingt komplex – ist komplex.

00: 08:32Veit Bütterlin: Ich denke, die Herausforderung besteht immer darin, eine gewisse Ordnung und Klarheit einzubringen. Ganz gleich, wie komplex ein Problem erscheint, ganz gleich, wie vielfältig die Feststellungen, die Herausforderungen, die Schwierigkeiten und Schwächen sind – es geht immer darum, Ordnung und eine gewisse Einfachheit in den Lösungen zu zeigen. Das wird verlangt. Sie müssen in der Lage sein, dies nicht nur der Geschäftsführung und den Aufsichtsgremien, sondern zum Beispiel auch Bankregulatoren zu vermitteln, was der Lösungsweg ist. Und die Kunst besteht mit Sicherheit darin, aus komplexen Maßnahmengebieten eine klare und vermittelbare Struktur abzuleiten, die man erklären kann.

00: 09:22Paul Johannes Baumgartner: Über den Faktor Mensch sprechen wir gleich in ein paar Minuten. Nun ist es ja vor allem auch Ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass Ihr Klient nicht mehr in so eine Situation gerät. Sie sprechen von weitreichenden Veränderungen einer komplexen und globalen Organisation. Wie gehen Sie als AlixPartners-Team eine solche Situation an? Was muss geschehen, um erfolgreich Veränderungen zu gestalten?

00: 09:45Veit Bütterlin: Also zum einen brauchen Sie eine sehr, sehr enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen Ebenen der Bank, den hohen Führungsebenen, den mittleren, aber natürlich auch mit der operativen Belegschaft. Es geht hierum, eine Beziehung zu erreichen, eine Beziehung zu den Menschen, die in der Bank arbeiten, sodass man gemeinsam an Lösungen arbeitet, Lösungen entwickelt, aber natürlich dabei auch nicht zurückscheut vor den Problemgebieten und vor den Gebieten, die vielleicht unschön und auch teilweise schwierig zu ertragen sind. Wenn Sie dann im Team arbeiten, brauchen Sie die richtigen Kompetenzen. Sie brauchen die Leute, die sich mit komplexen Datenstrukturen auskennen. Sie brauchen die Kompetenz, was das Verständnis von beispielsweise Geldwäsche oder Sanktionsregularien angeht. Sie brauchen lösungsorientierte Kompetenzen, Sie brauchen Transformationskompetenz und Sie müssen immer wieder in der Lage sein, die richtige Kommunikation dafür zu verwenden. Wie können Sie erklären, warum was notwendig ist? Und wie können Sie erklären, was zu tun ist?

00: 10:55Paul Johannes Baumgartner: Das stärkste Glied in einem Unternehmen ist der Mensch, das schwächste bedauerlicherweise auch, und die Reputation eines Unternehmens hängt immer vom schwächsten Glied ab. Es waren ja einzelne Bankmitarbeiter, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass das Unternehmen, über das wir sprechen, in diese schwierige Situation gekommen ist, weil sie sich keinen Kopf gemacht haben oder weil sie eben auch keine Skrupel hatten, teilweise. Was bedeutet das für die Arbeit mit den Menschen in der Bank? Wie muss man die Kultur und wie muss sich jeder Einzelne verändern?

00: 11:26Veit Bütterlin: Erst mal müssen Sie natürlich verstehen, über welche kulturellen Schwächen man redet. Und kulturelle Schwächen sind etwas sehr, sehr archetypisches, wenn es um Compliance-Fälle geht. Mir persönlich ist kein größerer Compliance-Fall bekannt, wo kulturelle Schwächen nicht zumindest ein Teil der Ursachen der Probleme ausgemacht haben. Wenn Sie nun aber über die Ursachen reden, dann müssen Sie genauer verstehen: Worin sind diese kulturellen Schwächen begründet?

00: 11:56Paul Johannes Baumgartner: Darf ich was fragen: Sie sprechen über Firmenkultur oder Sie sprechen über Kultur-Kultur, also Länderkultur?

00: 12:02Veit Bütterlin: Ich spreche hier über Firmenkultur. Das bedeutet, dass eine Firmenkultur unterschiedlich sein kann, je nachdem, wo Sie sich im Unternehmen befinden, in welcher Region Sie sich befinden, in welchem Geschäftsbereich Sie sich befinden oder auch nur in unterschiedlichen Abteilungen. Unternehmen sind ja oft organisch gewachsen, aber auch natürlich durch Zukäufe mit entstanden, sodass sie oft geprägt sind von Mischkulturen. Und das war in diesem Fall nicht anders. Sie hatten unterschiedliche kulturelle Schwächen. Teils ging es um das Ignorieren von Problemen, von Risiken, das Nicht-Verantworten von eigentlich erkannten Risiken, aber dann in Einzelfällen selbstverständlich auch kriminelle Energie. Und da reden wir dann über unterschiedliche kulturelle Probleme einer Organisation. Wenn Sie nun abstrahieren von den erkannten Problemen und Sie reden darüber, was müsste eigentlich sein, dann müssen Sie ein Zielbild, ein Zielbild einer gewünschten Kultur entwerfen und dies müssen Sie in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung des Instituts machen.

00: 13:18Paul Johannes Baumgartner: Nun sind ja solche Themen nicht exklusiv dem Finanzdienstleistungsbereich vorbehalten und auch nicht nur globalen Unternehmen, sondern das ist auch ein Thema für den klassischen Mittelstand. Es gab und gibt Verfahren zu Korruptionsdelikten, Bildung von Kartellen oder auch die Dieselaffäre. Das alles hat ja dafür gesorgt, dass es in der Industrie ein weitreichendes Bewusstsein gibt für eine Kultur der Compliance. Was braucht es alles, damit es gelingt, im Unternehmen eine Kultur der – ich will es mal so nennen – Regelkonformität zu etablieren?

00: 13:49Veit Bütterlin: Ganz am Anfang hat dabei eine ganz wesentliche Einsicht zu stehen, nämlich dass Compliance, die Einhaltung von Regeln und Gesetzen, etwas Wertstiftendes ist. Ich habe Unternehmen gesehen, die im Zuge von notorischen Regelbrüche in den Ruin gingen. Und ich habe Unternehmen begleitet, die einen Compliance-Fall zum Anlass genommen haben, um aus einem Tal des Gesetzesbruches auszuwandern in einen Garten der Integrität. Und diese Unternehmen schreiben heute Rekordgewinne. Also Compliance lohnt sich. Und ausgehend von dieser Einsicht, der zufolge Compliance etwas Wertstiftendes ist, können Sie nachhaltig an allen notwendigen Maßnahmen arbeiten, die die unterschiedlichen besprochenen Felder betreffen: die Governance, die Organisation, die Kultur, interne Kontrollen, Prozesse, IT und Daten. Und wenn Sie diese Felder alle kompetent und nachhaltig bespielen, haben Sie beste Aussichten, als Unternehmen dauerhaft regelkonform zu arbeiten.

00: 15:02Paul Johannes Baumgartner: Jetzt haben Sie sich auf das Thema spezialisiert. Und wenn man Ihnen beim Sprechen zuhört: Es scheint Ihnen eine Herzensangelegenheit zu sein. Mich würde, und unsere Hörer sicherlich auch, einfach interessieren: Was ist Ihr Antrieb? Warum brennen Sie so für dieses Thema?

00: 15:17Veit Bütterlin: Ich glaube, dass es in meiner Familie immer ein sehr großes Commitment zur Öffentlichkeit gab, zum öffentlichen Wohl, aber nicht in Widerspruch zu Unternehmertum. Und die Verbindung von unternehmerischer Verantwortung und der Einhaltung von Gesetzen und der Stärkung von Integrität ist mit Sicherheit etwas, was meinen Werdegang auch ganz persönlich begleitet hat.

00: 15:43Paul Johannes Baumgartner: Jetzt habe ich noch eine allgemeine Frage zum Abschluss unseres Gesprächs heute. Wenn ich zurückdenke, dann ist ja das Thema Compliance in Deutschland schon seit vielen Jahren ein großes Thema. Wieso kommt es dennoch immer wieder zu neuen Vorkommnissen? Also entweder immer wieder bei neuen Unternehmen oder wieder innerhalb eines Unternehmens, das schon mal Probleme hatte, Wiederholungstäter. Ich meine, die Spielregeln und die Konsequenzen müssen doch mittlerweile hinlänglich bekannt sein.

00: 16:07Veit Bütterlin: Zum einen denke ich, darf man dabei nicht unerwähnt lassen, dass insbesondere international tätige Unternehmen sich einer Vielzahl von Gesetzen und Regularien, die sich natürlich auch entwickeln und schnell verändern, in einer komplexen Welt ausgesetzt sehen. Es ist also eine Herausforderung, all diesen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn wir nun über wiederholtes Compliance-Versagen sprechen, sehe ich zwei Gruppen von Unternehmen. Bei der ersten Gruppe verhält es sich so, dass auf Compliance-Fälle reagiert wird. Allerdings indem man eben nicht auf die Ursachen eingeht, sondern indem man punktuell hier Symptome bearbeitet. Nehmen wir jetzt den Fall eines Bestechungsdelikts einer Niederlassung in Südostasien. Dann mag das daran liegen, dass hier eine interne Kontrolle entweder versagt hat oder eine gewisse Lücke ausgenutzt worden ist. Dann scheint das erst mal eine logische Reaktion zu sein, eine neue Kontrolle einzuführen beziehungsweise eine bestehende zu stärken. Wir reden dabei aber natürlich noch nicht über die Ursachen, über ein möglicherweise systemisches Problem. So laufen Sie dann also Gefahr, dass Sie vielleicht beim nächsten Mal kein Bestechungsdelikt in Südostasien haben. Aber Sie mögen woanders in Ihrem Unternehmen einen anderen Korruptionsfall haben. Die zweite Gruppe von Unternehmen reagiert nicht, indem sie auf der Symptom Ebene verbleibt, sondern durchaus sich auch mit den Ursachen befasst, aber setzt das Spektrum zu eng. Ich habe Unternehmen gesehen, die durchaus sehr erfolgreich waren in der Gestaltung, dem Aufbau, der Implementierung ihres Systems zur Korruptionsbekämpfung, aber die dann Gegenstand von, sagen wir mal, kartellrechtlichen Verfahren wurden oder hohe Strafen wegen umweltrechtlichen Verletzungen begleichen mussten. Bei diesen Unternehmen ist es eben der Umstand, dass man in einem engen Horizont arbeitet und reagiert. Aber auch dazu gibt es natürlich eine Alternative. Statt hier punktuell oder symptombasiert zu reagieren, kann man natürlich unternehmensweit ein Risikomanagement aufsetzen. Und man kann alle Mitarbeiter dazu befähigen, Risiken zu bearbeiten, zu erkennen, zu verantworten, zu mitigieren, ganz gleich, wo sie auftauchen, ob jetzt im Labor, in der Entwicklung, in der Produktion oder im Vertrieb. Und ein solches Unternehmen, das wirklich dann gesamtheitlich hier über den Horizont hinausdenkt, dem Horizont der bestehenden, der erkannten Risiken, und gemeinsam mit ihren Mitarbeitern Risiken begreift und Mitarbeiter dazu befähigt – ein solches Unternehmen hat exzellente Aussichten darauf, nicht Gegenstand negativer Schlagzeilen zu werden.

00: 19:15Paul Johannes Baumgartner: Jetzt noch mal kurz zurück zu unserem Fall, zum Finanzinstitut. Wie geht es dem Unternehmen heute? Hat es das Thema Compliance in den Griff bekommen?

00: 19:24Veit Bütterlin: Ja, hat es. Es waren dafür mit Sicherheit beträchtliche Anstrengungen notwendig. Sehr, sehr viel Leidenschaft, Engagement vieler Mitarbeiter des Instituts. Aber dieses Engagement wurde belohnt. Man kam eben zurück auf einen Pfad der Tugend. Man konnte das Vertrauen der Regulatoren wiedergewinnen und auch das Vertrauen der Geschäftspartner. Und das wurde das Fundament für ein bis heute anhaltendes Wachstum.

00: 19:56Paul Johannes Baumgartner: Compliance im Unternehmen: Wie man aus dem Sumpf wieder herauskommt. Vielen Dank für den Podcast und vielen Dank auch für den wunderbaren Begriff des Gartens der Integrität. Vielen Dank, Veit Bütterlin, Managing Director bei AlixPartners.

00: 20:09Veit Bütterlin: Herzlichen Dank.

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